Lunia Haras Buch “Empathische Führung: Wie wir die Arbeitswelt mit Mitgefühl revolutionieren” ist ein dringender und inspirierender Aufruf zu einem fundamentalen Wandel in der Führungskultur.
In einer Zeit, die von Fachkräftemangel, Quiet Quitting und dem Ruf nach mehr Sinnhaftigkeit in der Arbeit geprägt ist, liefert Hara einen praxisnahen und tiefgründigen Leitfaden für Führungskräfte, die nicht nur erfolgreich, sondern auch menschlich und nachhaltig führen wollen.
Bevor wir in die Kerninhalte des Buches eintauchen, ist ein Blick auf die Autorin selbst erhellend, da ihre persönliche Geschichte und ihr beruflicher Werdegang die Authentizität und Dringlichkeit ihrer Botschaft unterstreichen.
Lunia Hara wurde in Sambia geboren und wuchs dort in einer Großfamilie mit 13 Geschwistern auf. Diese frühe Prägung in einer Gemeinschaft, die von Zusammenhalt, aber auch klaren Hierarchien und der Notwendigkeit zur Übernahme von Verantwortung geprägt war, legte einen wichtigen Grundstein für ihr späteres Verständnis von menschlichen Dynamiken.
Der Umzug in den 1980er Jahren nach Berlin zu ihrer älteren Schwester markierte einen Kulturschock, der sie zwang, Fragen der Anpassungsfähigkeit, Selbstverantwortung und Freiheit für sich neu zu definieren.
Führung und Empathie schließen sich nicht aus
Heute ist Lunia Hara eine anerkannte Expertin für empathische Führung, Modern Leadership, Diversity und Kulturwandel. Sie ist als Director of Project Management bei diconium tätig, einem Tochterunternehmen von Volkswagen, wo sie selbst diverse Teams leitet. Ihre Erfahrungen aus der Praxis, sowohl positive als auch negative mit verschiedenen Führungsstilen, motivierten sie, ihren eigenen, authentischen Führungsweg zu finden.
Hara ist nicht nur als Führungskraft und Beraterin (Sparringspartner für Management-Teams und Executives) tätig, sondern auch als Kolumnistin für den SPIEGEL und gefragte Speakerin. Zudem engagiert sie sich im von ihr mitgegründeten gemeinnützigen Verein HARA e.V. (Help Africa reduce Adversity), der Schulen und Schüler in ihrem Geburtsland Sambia unterstützt.
Ihre Kraft, so sagt sie, schöpft sie aus der Demut, zu wissen, wo sie herkommt, und dem Wissen, wie wenig es braucht, um glücklich zu sein. Diese tiefe Verbindung zu ihren Wurzeln und ihre vielfältigen Erfahrungen fließen direkt in ihr Verständnis von empathischer Führung ein.
Eine Revolution mit Mitgefühl
Haras Buch argumentiert überzeugend, dass traditionelle, oft auf Macht und Kontrolle ausgerichtete Führungsstile den Herausforderungen der modernen Arbeitswelt nicht mehr gewachsen sind. Stattdessen plädiert sie für einen Führungsansatz, der den Menschen ins Zentrum stellt – nicht als reine Ressource, sondern als Individuum mit eigenen Bedürfnissen, Zielen und Emotionen. Empathie wird dabei zur “Superkraft”, die es ermöglicht, Mitarbeitende wirklich zu verstehen, zu motivieren und zu stärken.
Das Buch versteht sich als “Life Hack” in Zeiten von Fachkräftemangel und sinkender Mitarbeiterbindung. Es zeigt auf, wie durch empathisches Handeln eine Unternehmenskultur geschaffen werden kann, in der sich Mitarbeitende gesehen, wertgeschätzt und gefördert fühlen. Dies führt nicht nur zu zufriedeneren und loyaleren Angestellten, sondern auch zu besseren Leistungen und nachhaltigem Unternehmenserfolg.
Meine 10 wichtigsten Erkenntnisse
- Der Mensch im Mittelpunkt: Die konsequente Ausrichtung auf die Mitarbeitenden und ihre individuellen Bedürfnisse, Herausforderungen und Ziele ist das Fundament empathischer Führung. Es geht darum, Frustrationen zu erkennen, zu mindern oder idealerweise zu verhindern.
- Selbstreflexion als Schlüssel: Führungskräfte können nur dann empathisch auf andere zugehen, wenn sie sich selbst gut kennen. Ehrliche Selbstreflexion über eigene Stärken, Schwächen, Werte, Ängste und Verhaltensmuster ist unerlässlich. Wer sich selbst führen kann, kann auch andere besser sehen und verstehen.
- Aktives Mitgefühl und Handeln: Empathie ist mehr als nur passives Verständnis. Es erfordert aktives Mitgefühl, das sich in konkreten Handlungen zeigt, um das Wohlbefinden und die Entwicklung der Mitarbeitenden zu fördern.
- Offenheit schafft Vertrauen: Eine Kultur der Offenheit, in der ehrlich kommuniziert und auch Verletzlichkeit gezeigt werden darf, ist die Basis für tiefes Vertrauen zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden sowie im Team.
- Feedback als Ausdruck von Fürsorge und Wertschätzung: Konstruktives, regelmäßiges Feedback ist ein wichtiges Werkzeug empathischer Führung. Es signalisiert Interesse an der Entwicklung des Mitarbeitenden und ist ein Zeichen der Fürsorge.
- Diversität als Stärke und Innovationsmotor: Empathische Führung erkennt und schätzt Vielfalt in Teams als Quelle für geistige Flexibilität, Kreativität und bessere Problemlösungen. Es geht darum, unterschiedliche Perspektiven wertzuschätzen und einzubinden.
- Befähigung zur Potenzialentfaltung: Ein zentrales Ziel ist es, Mitarbeitende dabei zu unterstützen, ihre Talente zu erkennen, ihre Ziele zu definieren und ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Es geht darum, sie erfolgreich zu machen.
- Empathie beginnt bei sich selbst: Führungskräfte müssen auch sich selbst gegenüber empathisch sein, eigene Grenzen erkennen und für das eigene Wohlbefinden sorgen, um nachhaltig und authentisch empathisch führen zu können.
- Menschlichkeit als Kernkompetenz: Über alle Methoden und Techniken hinaus ist es eine grundlegend menschliche Haltung, die empathische Führung auszeichnet. Es geht darum, Authentizität und Menschlichkeit in den Führungsalltag zu integrieren.
- Empathie als Antwort auf moderne Arbeitswelt-Herausforderungen: In einer sich schnell wandelnden Arbeitswelt mit Phänomenen wie Fachkräftemangel und “Quiet Quitting” ist empathische Führung nicht nur “nice to have”, sondern ein entscheidender Faktor für Mitarbeiterbindung, Motivation und den langfristigen Erfolg von Unternehmen.
Ein inspirierendes Buch mit zahlreichen Learnings
Lunia Haras “Empathische Führung” ist mehr als nur ein weiterer Ratgeber für Führungskräfte. Es ist ein Manifest für eine menschlichere, mitfühlendere und letztlich erfolgreichere Arbeitswelt. Basierend auf ihrer reichen persönlichen und beruflichen Erfahrung, liefert Hara nicht nur die theoretischen Grundlagen, sondern auch konkrete Tipps und Denkanstöße, wie dieser Wandel gelingen kann.
Das Buch richtet sich an alle, die Führung nicht als Machtinstrument, sondern als Dienstleistung verstehen – als Dienst am Menschen und am gemeinsamen Erfolg.
Es ist eine Pflichtlektüre für etablierte Manager ebenso wie für aufstrebende Führungskräfte, die bereit sind, traditionelle Denkmuster zu hinterfragen und einen Führungsstil zu entwickeln, der den Anforderungen und Bedürfnissen des 21. Jahrhunderts gerecht wird.
Es ist ein Plädoyer für ein “Upgrade unserer Menschlichkeit” im beruflichen Kontext, das dringend notwendig ist.