Berlin im Jahre 1942. Die militärischen Erfolge des Dritten Reiches werden immer seltener und das Blatt scheint sich zu wenden. Die Deportation von Juden in die Konzentrationslager ist an der Tagesordnung und bestimmt das öffentliche Leben.
Als die Verhaftung durch die Gestapo unmittelbar bevorsteht, entschließt sich Marie Jalowicz, die Flucht nach vorn anzutreten und sich nicht den Nationalsozialisten auszuliefern. Sie will überleben.
Untergetaucht: Eine junge Frau überlebt in Berlin 1940 – 1945 beschreibt den Weg der jungen, mutigen Frau in den Wirren des Krieges in der Hauptstadt. Über Berlin geht es nach Ungarn und dann nach Wien, um wenig später wieder in das Land zurückzukehren, das damals für Juden einem Todesurteil gleichgekommen ist.
In den Jahren 1942 bis 1945 bestand ihr junges Leben aus dem Dreikampf Verstecken, Organisieren und Überleben. Sie musste jederzeit auf der Hut sein und in Sekundenschnelle einschätzen, ob sie mit Freund oder Feind zu tun hat und nicht negativ in Erscheinung treten.
Ihr Alltag war nicht selten von Leid und Tragödien gekennzeichnet. Doch es gab auch die kleinen Momente der Freude, die in ihren Memoiren ebenfalls nicht fehlen. Marie Jalowicz Simon beschreibt die Szenen detailliert und mit einem scharfen Blick für die Einzelheiten. Es ist erstaunlich, wie sehr ihre Sinne noch Jahrzehnte später geschärft gewesen sind.
Was wohl aus ihr geworden wäre, wenn sie überlebt hätte?
“Was wohl aus ihr geworden wäre, wenn sie überlebt hätte?” Mit dieser Frage, die sie sich erstmals als 18-jährige als Zwangsarbeiterin bei Siemens stellt, beschäftigt sich die junge Frau häufig. Und gibt damit dem Schrecken und dem grauenvollen Schicksal unzähliger Menschen ein Gesicht.
Nicht jeder Deutsche war ein Nazi. Das weiß auch Jalowicz und nimmt die Deutschen nicht in Sippenhaft. Sie hat genügend Menschen kennengelernt, die sich der Ideologie der Nationalsozialisten widersetzt und ihr beim Überleben geholfen haben. Auch selbst dann, wenn ihr nicht mittelbar geholfen wurde, aber ihr mit Unterlassung bestimmter Tätigkeiten Leid erspart worden ist.
Es ist ein Jammer, dass Marie Jalowicz erst ein halbes Jahrhundert später und damit kurz vor ihrem Tod die Lebenserinnerungen auf 77 Tonbänder gesprochen und damit der Nachwelt hinterlassen hat. Viele Fragen, die ihrem Sohn Hermann Simon weiterhin auf den Nägel brennen, sind mit dem Tod Jalowicz’ im Jahre 1998 für immer und ewig unbeantwortet geblieben.
Es ist ein Glücksfall, dass Marie Jalowicz Simon überhaupt den bislang fest verschlossenen Tresor voller Erinnerungen an die Zeit zwischen 1942 bis 1945 geöffnet hat. Es ist der Hartnäckigkeit ihres Sohnes zu verdanken, dass dieses Projekt realisiert werden konnte. Und ohne das unermüdliche Gedächtnis einer Frau, die sich ohne schriftliche Aufzeichnungen und nur mit Gedankennotizen an so vieles erinnern kann, wäre der Überlebenskampf im Berlin in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts nicht möglich gewesen.
Untergetaucht: Eine junge Frau überlebt in Berlin 1940 – 1945 ist ein unter die Haut gehendes Buch, das zwar nicht vollkommen frei von sprachlichen Finessen ist und dennoch niemals in das Triviale abdriftet. Die Sprache ist der damaligen Zeit angemessen, überrascht aber auch gelegentlich mit rhetorischen Feinheiten.
Es wird dem Buch nicht gerecht, Jalowicz Simons Lebenserinnerungen als Tagebuch-Erzählungen einzustufen, denn in der Nachbearbeitung von Irene Stratenwerth und Hermann Simon ist ein zeithistorisches Werk entstanden, das eine ganze Gesellschaft in einem Deutschland nachzeichnet, das weit entfernt vom Endsieg seiner Befreiung durch die Alliierten harrt.
Untergetaucht als Hörbuch
Neben dem Buch gibt es Untergetaucht: Eine junge Frau überlebt in Berlin 1940 – 1945 auch als Argon Hörbuch zu kaufen.
Die Schauspielerin Nicolette Krebitz konnte als Sprecherin gewonnen werden und gibt dem Überlebensbericht der Marie Jalowicz mit ihrer charaktervollen Stimme eine ganz besondere Bedeutung:
3. März 2014 um 09:12
Das klingt nach einem guten Buch. Danke für Deinen Artikel.
Vielleicht etwas für den Bücherpool?
LG Tanja
4. März 2014 um 08:50
Das wäre etwas!