Ein Ostwestfale im Rheinland

Das Leben jenseits des Rheins in mehr oder weniger weisen Worten.

Rezension: Ärmel hoch! von Gudrun Happich

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Das Buch von Gudrun Happich trägt den befehlenden Titel “Ärmel hoch!” und verrät anhand des Untertitels, worum sich der Wirtschaftsratgeber dreht. Und zwar handelt es sich um “Die 20 schwierigsten Führungsthemen und wie Top-Führungskräfte sie anpacken”. Happich verzichtet dabei auf die trockene Theorie, sondern lässt Top-Führungskräfte zu Wort kommen und von ihnen erklären, wie diese mit den zwanzig schwierigsten Führungsthemen umgehen.

Das im orell füssli Verlag AG erschienene Werk umfasst auf mehr als 200 Seiten zwanzig Kapitel, die in vier Teile untergliedert sind. Diese vier Teile bauen aufeinander auf und beschreiben den Weg vom Mitarbeiter zur Führungskraft: Teil I behandelt die Metamorphose von der Fach- zur Führungskraft und der zweite Teil beschäftigt sich mit der Sandwich-Rolle des Vorgesetzten zwischen seinem Team und dem höheren Management. Im dritten Teil geht es um die verschiedenen Typen im Management, Strategien im Berufsalltag und das Umschiffen von fiesen Fallen, während der vierte und letzte Teil praktische Tipps für das (zukünftige) Management-Leben bereit hält.

Schon in der Einleitung erklärt Gudrun Happich die Entstehungsweise des Buches. Aus mehr als 15.000 Coachingstunden mit mehr als 800 Leistungsträgern wurden die zwanzig wichtigsten Führungsthemen herausgesiebt. Dabei geht es nicht nur um das Schildern der Führungssituationen, sondern auch um das Herausarbeiten von potenziellen Lösungsstrategien, die ihre Erprobung in der Praxis bereits hinter sich haben und somit sprichwörtlich “praxiserprobt” sind.

Happichs Leitgedanke ist die Nachhaltigkeit in der Führung und im Management und nicht das blinde Hinterherrennen von allen möglichen Managementtools, die im Wochentakt neu auf den Markt geworfen werden.

Schon mit diesem Hauptmotiv hat die Autorin in der kurzen Einführung zu Beginn große Pluspunkte bei mir gesammelt.

Der erste Teil

Insbesondere das erste Kapitel hat mir schon gleich neue Einsichten gewährt, behandelt es doch den Wechsel vom unteren und mittleren Management ins Top-Management sowie der Transformation von der leistungsorientierten zur strategisch denkenden und politisch taktierenden Führungskraft. Allerdings empfand ich das Kapitel etwas holprig geschrieben und strukturiert und mit zu vielen Querverweisen auf nachfolgende Kapitel des Buches.

Das zweite Kapitel erklärt den erfolgreichen Aufbau eines Teams in sieben Schritten und wie wichtig es ist, die Mitarbeiter abzuholen und klare Ziele zu vermitteln. Ebenfalls wichtig sind Authentizität und Glaubwürdigkeit, die leider zu oft als Maske aufgesetzt, aber nicht gelebt werden.

Danach geht es um ein ungeliebtes Thema bei Vorgesetzen: das Delegieren. Hier lautet der Ratschlag: Perspektivenwechsel – vom Experten zur Führungskraft. Hauptsächlich erklärt das fehlende Vertrauen in die Fähigkeiten der Mitarbeiter das mangelnde Delegieren der Führungskraft. Das vierte Kapitel beendet den ersten Teil des Buches mit einer Sequenz zum Durchbrechen negativer Regelkreise, die aufgrund von Reflexhandlungen entstehen.

Der zweite Teil

Der zweite Teil von “Ärmel hoch!” beginnt mit der Führung des Vorgesetzten, also der “Führung nach oben”, und gibt einen Einblick in die politischen und taktischen Manöver des oberen Managements. Im sechsten Kapitel geht es um das Selbstmarketing und das aktive Einfordern von Feedback des Vorgesetzten. Zahlreiche Tipps und Beispiele helfen, das Gewünschte zu erreichen.

Fundierte Hilfe gegen das Fremdgesteuert sein – von oben oder  aufgrund anderer Einflussfaktoren – thematisiert das siebte Kapitel. Happich erläutert Strategien, um Freiräume zurückzugewinnen und Einmischungen anderer, beispielsweise des Vorgesetzten in das Tagesgeschäft, einzudämmen.

Der schleichenden Überforderung und der Auseinandersetzung mit nicht erfüllbaren Vorgaben widmet sich das achte Kapitel. Es ist wichtig, zu erkennen, wenn aus einer Anforderung die Überforderung wird – oder anders ausgedrückt, die Weggabelung zu erkennen, wie es Gudrun Happich es beschreibt.

Den Abschluss des zweiten Teils bildet das Kapitel 9. Es beschreibt den Umgang mit entscheidungsschwachen Vorgesetzten. Der eine Chef entscheidet nicht, weil er Angst vor Konflikten hat, der andere Vorgesetzte entscheidet nicht, weil er keine Fehler machen möchte. Aber für beide Typen von Vorgesetzten gibt es Lösungen.

Der dritte Teil

Besonders auf der zweiten und ersten Führungsebene gilt das politische und taktische Agieren als Königsdisziplin. Wie sich Führungskräfte sicher und souverän auf diesem Parkett bewegen, wird im zehnten Kapitel erläutert. Die Umgangsformen und Werte im Topmanagement lassen sich am besten durch Beobachten erlernen – dann sind auf Hidden Agendas und doppelte Böden keine Fallstricke mehr.

Das Networking, also das Knüpfen von Beziehungen, ist das Thema des elften Kapitels. Je höher der Aufstieg in der Hierarchie, desto wichtiger ist das Netzwerken. Weil der Aufbau und die Pflege eines Netzwerkes zeitintensiv ist, wird die Vorgehensweise von Happich ausführlich geschildert. Dabei gilt, sich primär auf die “Winner” zu beschränken, also Persönlichkeiten, die im Unternehmen ein gutes Standing haben. Networking bedeutet auch das gegenseitige Geben und Nehmen, muss also für beide Seiten nutzenstiftend sein. Abschließend weist die Autorin auch auf Fallstricke beim Netzwerken hin.

Handlungshilfe zum Treffen schwieriger Entscheidungen entfaltet das zwölfte Kapitel. Mithilfe von fünf Schritten wird der Entscheidungsfindungsprozess beschrieben und mit zusätzlichen Leitfragen aufgegliedert, um dezidiert auch in komplexen Situationen entscheiden zu können. Insbesondere die Prinzipien “Pack die Verantwortung dahin, wo sie hingehört” und der “aktive Leerlauf” sind für mich sehr erleuchtend gewesen.

Das Kapitel 13 setzt sich mit dem Kampf gegen den Perfektionismus auseinander. Es wird erklärt, wieso Perfektionismus mehr schadet als nutzt und was den Profi vom Perfektionisten unterscheidet. Das danach folgende Kapitel gibt Tipps, um dauerhaft enorm leistungsfähig zu sein. Dazu ist es wichtig, seinen eigenen Leistungstypen zu kennen.

Der dritte Teil schließt mit dem 15. Kapitel und der Frage, ob das Karriereziel Topmanagement Traum oder Alptraum ist. Anhand von Beispielen aus ihrer Praxis berichtet Coach Happich von Beispielen aus dem “echten Leben”, die nachdenklich stimmen, ob das Topmanagement ein wirklich lohnenswertes Ziel ist.

Der vierte Teil

Teil IV ist ein Sammelsurium von praktischen Anwendungen für das Management. Es wird unter anderem beschrieben, wie die eigene Karriere im Blick behalten werden kann, Karrierefallen entlarvt werden und es gelingen kann, zwei Vollzeitaufgaben parallel zu bewältigen.

Mein Fazit von “Ärmel hoch”

Nach dem etwas drögen Beginn steigert sich das Buch von Kapitel zu Kapitel. Schon ab dem zweiten Kapitel gibt es zahlreiche Praxistipps und Erläuterungen zu typischen Führungssituationen und wie mit ihnen am besten umgegangen wird.

Jedes Kapitel umfasst selten mehr als zehn Seiten und ist damit ideal zum Nachlesen oder Stöbern in themenrelevanten Gebieten geeignet. Zusätzlich endet jedes Kapitel mit einer kurzen Zusammenfassung des Inhalts, um prägnant auf die wesentlichen Inhalte hinzuweisen. Schade: bei Kapitel 13 und 14 hatte ich das die Gefühl, dass die beiden kürzesten Abschnitte eher lieblos “dazwischengeschoben” worden sind.

Weniger gelungen und teilweise gezwungen (aber nicht immer unpassend) haben mir die Vergleiche mit Mutter Natur und dem Tierreich gefallen. Dies ist zweifelsfrei der Ausbildung von Gudrun Happich geschuldet, die als Diplom-Biologin das erlente Wissen kurzweilig in die Management-Materie einfließen lässt.

Autor: Marc

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